Herrn Pfarrer Granses Ansprache an das Brautpaar

Liebe Gemeinde. Liebe Freunde und Angehörige, liebe Eltern von Gesa und Frank. Liebe Gesa. Lieber Frank.

Ihr habt Euren Trauspruch aus einem der geheimnisvollsten Bücher der Bibel ausgesucht, aus der Offenbarung des Johannes. Er heißt: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auf tun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und der mit mir.

Ihr seid über die Musik auf diesen Text gekommen. Bach hat ihn in einer Kantate vertont. Ihr habt das gehört und Euren Zugang zu ihm gefunden.

Weil ich selber Chorsänger bin, kann ich das gut verstehen. Ich weiß sehr gut, daß bestimmte Bibelstellen sich mir durch Musik erschließen, die ich vorher kaum beachtet habe.

Dieser musikalische Zugang hat etwas zu besagen:
Wenn man ein gesprochenes Bibelwort hört, berührt das den Teil der Person, aus dem man normaler Weise lebt, den Kopf, das Herz oder den Bauch. Bei uns dreien ist das wohl der Kopf.
Wenn man es aber musikalisch augedeutet hört, bringt es ganz andere Teile unserer Seele mit zum Schwingen. Es ergreift uns viel leichter und umfassender, als wenn es nur gesprochen wird.

Ihr habt Euch also einen Vers zum Trautext gewählt, der Euch ganz ergriffen hat, der Euch in allen Fasern der Seele angerührt hat, weil er mit Bachs Musik verbunden war. Das heißt für mich: Ihr begreift diesen Gottesdienst und Eure Eheschließung als etwas sehr tiefgehendes. Ihr seid in dieser Stunde, wo Ihr JA zueinander sagt, mit der ganzen Seele dabei.

Siehe, ich stehe vor der Tür... - Christus sagt das. So kommt er zu uns, stellt sich an die Tür und klopft. Das ist sehr höflich und unaufdringlich. Das ist ein Angebot. Man kann die Tür öffnen oder das Klopfen überhören.

Wenn man aber öffnet, wird man erlöst. Wenn wir Christus bei uns ein lassen, finden wir die tiefe, vertraute Gemeinschaft mit ihm, die uns aus unseren Ängsten und aus unserer Einsamkeit rettet. Für diese Gemeinschaft steht das gemeinsame Essen. Wer bei Christus am Tisch sitzen darf, hat auch so etwas wie Familienanschluß bei ihm.

Ich habe mir gedacht: So seid Ihr auch, so unaufdringlich und leise. Aber wer sich um Euch bemüht und Eure feinen Signale auffängt, der hat Freunde fürs Leben.

Aber nun wollt Ihr das ja zuerst füreinander sein, Freunde und Geliebte fürs Leben. Wir Christen fassen unsere Ehen so auf, daß sie auch Klopfzeichen Christi sind, also Angebote von Gott her. Unsere Ehen bieten die Chance, Christus bei uns ein zu lassen und in seinem Sinne zu leben. Dabei können wir durchaus zur Erlösung finden.

Wenn wir auch in der Ehe auf die unaufdringlichen Signale Jesu hören, können wir in seinem Sinn leben und dem Himmel ganz nahe kommen. Wir können von ihm die Aufmerksamkeit für den Nächsten lernen, die Behutsamkeit und den Respekt. Wir können lernen, mit den Augen der Liebe zu sehen. Wir können uns von ihm auch Standfestigkeit, Klarsicht und Treue lehren lassen, schließlich auch Kampfesmut zum Überwinden unserer Krisen.

Klopfzeichen Jesu, das seid Ihr füreinander, Gesa für Frank und Frank für Gesa. In Eurer Ehe liegt sein Angebot, ihn in Euch auf zu nehmen, aus ganzer Seele in seinem Geist mit einander zu leben und ein Stück vom Himmel zu finden.

Gott erhalte Euch das feine Gehör für diese Zeichen und leite Euch auf Eurem Weg.
 


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